Mangelverwaltung noch über den Sommer hinaus?

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Fordaq
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Der Außenhandelstag des GD Holz fand in diesem Jahr erstmalig online statt und brachte bei erfreulich hoher Beteiligung einen wertvollen Austausch in unsteten Zeiten. Für manchen seiner Kollegen war die Verabschiedung des langjährigen Vorsitzenden Stephan Bührich bei all den Strapazen auf dem Holzmarkt zumindest menschlich der wohl größte Einschnitt. Schließlich hat sich dieser im Laufe seines Ehrenamtes ebenso energisch wie optimistisch und sympathisch eingebracht und das Verbandsleben bereichert.

Als Bührichs Nachfolger wurde im Rahmen der Online-Sitzung Jürgen Sudeck einstimmig gewählt. Zu ihm gesellen sich – ebenfalls frisch gewählt in den Vorstand des GD Holz-Fachbereichs Außenhandel Jan Patrick Merten (Fachabteilung Überseeholz), Peter Pieper (Importsperrholz) sowie Fabian Heins und Peter Pagnia (Importmakler, -agenten und -hobelwerke). Zudem konnte der Dachverband im vergangenen Jahr fünf neue Mitglieder für den Fachbereich Außenhandel anwerben.

Brexit, Begasung und Brasilienhandel

Zunächst gab jedoch Stephan Bührich einen Überblick über die derzeit brennenden Themen im deutschen Holzaußenhandel. Dazu zählen bekanntlich der Brexit und dessen Auswirkungen, der stetige Druck von NGOs auf die EU-Politik, der u.a. starken Einfluss auf den Handel mit Brasilien, Russland, der Ukraine und Myanmar hat, die noch immer ausstehende Harmonisierung der EUTR und die Holzbegasungsanforderungen, zum Beispiel beim Import aus den USA. Dass Unmengen an Holz in die USA verschifft werden, ist kein Geheimnis und bringt eine weitaus stärkere Unruhe in den Markt. Dies war eines der Hauptthemen in der Marktaussprache, die von Nils Olaf Petersen moderiert wurde.

Weltweiter Sperrholzmarkt außer Kontrolle

Für die Fachabteilung Importsperrholz berichtete Maximilian Zumsteg zunächst von einem durchwachsenen 2020. Im 1. Quartal begann das Jahr mit einer recht guten Nachfrage, worauf im 2. die Nachfrage aus der Verpackungs- und Automobilindustrie einbrach. Birkensperrholz und Schalungsplatten hielten sich mit dem stabilen Bau weiterhin wacker. Nadelsperrholz verzeichnete einen besonders starken Absturz, erholte sich jedoch im 3. Quartal wieder. Das Preisniveau lag 2020 generell unter dem Vorjahr. Von einem starken Lageraufbau sah die Branche ab.

Im 1. Quartal 2021 geriet der Markt dann außer Kontrolle. Die weltweit starke Nachfrage überstieg die Produktions- und Lieferkapazitäten. Zu Rundholzmangel gesellten sich hohe Leim- und Seefrachtkosten. Statt nach Europa geht derzeit die überwiegende Menge in die USA, auch aus Brasilien, obwohl auch in Südamerika selbst die Nachfrage steigt. Für Europa bleibt da wenig übrig, jetzt, wo die Industrienachfrage wieder steigt und die Läger leer sind. Laut Zumsteg liegt das u.a. an den höheren hiesigen Qualitätsansprüchen.

Die Knappheit wird durch Mehrfachorder, die sich gegenseitig blockieren, obwohl sie doch helfen sollen, verstärkt. Entsprechend steigen die Preise immens, doch auch wer diese bereit ist, zu zahlen, hat keine Liefergarantie. Zudem gelangt bis zu 50% weniger Birkensperrholz aus Russland nach Europa, was mangels alternativer Abnehmer in dieser Größenordnung ein Mysterium für die Holzhändler darstellte.

Mangelverwaltung statt florierendem Geschäft

Für die Fachabteilung Importmakler & Agenten berichtete Volker Reinecke, der in seinen 42 Jahren im Holzhandel noch keinen derart starken Anstieg bei Nachfrage und Preisen erlebt hat. Auch seiner Ansicht nach ist der Markt aus den Fugen. So sind amerikanische Klassiker wie Weißeiche, Yellow Poplar, Western Red Cedar, Sitkafichte, Hemlocktanne und Douglasie schlicht nicht mehr verfügbar bzw. in seltenen Ausnahmen zum doppelten Preis. Selbiges gilt sogar für viele Austauschhölzer.

Seit April herrscht aufgrund der Mangelverwaltung und des immensen Preisanstiegs immerhin auch eine entsprechende Nachfrageflaute. Ob sich die Lage ab dem Sommer bessert, wagt Reinecke nicht zu beurteilen. Grundsätzlich ist er aber der Meinung, dass die Preisanstiege auch positive Folgen nach sich ziehen können, sofern der Kunde diese mitträgt, weil er den Mehrwert des Baustoffs würdigt.

Importhobelwerke fürchten um ihre Versorgung

Die Hoffnung auf eine langfristig höhere Wertigkeit von Holzprodukten hegt auch Andreas Cordes, der für die Fachabteilung Importhobelwerke von einem guten Jahr 2020 berichten konnte, was u.a. auf den boomenden Heim- und Gartenmarkt zurückzuführen war. Im März stieg die Nachfrage sprunghaft an und die Lieferketten blieben weitgehend stabil. Mit dem 1. Lockdown drosselten allerdings einige Sägewerke aufgrund von Unsicherheit ihre Produktion. Insbesondere im 4. Quartal stieg die Nachfrage nochmals an und resultierte auch in größere Preisanpassungen. So leerten sich die Läger über das Jahr und sind es seitdem.

Im 1. Quartal kamen wetterbedingte Produktionsdrosselungen bei den Sägewerken und unterbrochene Lieferketten hinzu. Das Angebot verknappt sich weiter und Mengen werden kontingentiert sowie Preise nachverhandelt. Die Hobelwerke fürchten um ihre Versorgung. Sibirische Lärche in 6 m Länge ist etwa kaum noch zu bekommen und man bemerkt bei einigen Unternehmen eine strategische Ausrichtung auf den chinesischen oder US-Markt. Die Preise für KVH und BSH steigen wöchentlich und haben sich innerhalb einiger Wochen quasi verdoppelt. Cordes sah hier jedoch bald das Ende der Wettbewerbsfähigkeit erreicht. Generell rechnet er noch mit keinem Ende der Lieferengpässe. Schließlich hat China preisbedingt im 4. Quartal 2020 preisbedingt den Import eingestellt und muss nun leere Läger auffüllen.

Ausfuhrstopp in Myanmar und Nachverhandlung bei Verladung in Weißrussland

Aus der Fachabteilung Überseeholz meldete Jürgen Sudeck Wartezeiten von 2 bis 3 Monaten für einen Container zwecks Verladung in Afrika. Hinzu kommt hier ein Mangel an Verladeequipment. Die Schnittholzimporte von afrikanischen Hölzern gestalten sich entsprechend rückläufig, wobei die Nachfrage gut ist und Verarbeiter bis September ausgebucht. Neue Lieferanten zu finden gestaltet sich derzeit äußerst schwierig.

Das Asiengeschäft gestaltet sich normal bei allgemein guter Geschäftslage bei Bangkirai und Meranti. Einzig Myanmar bereitet Kopfschmerzen, da aufgrund derzeit nicht erfüllbarer due diligence Anforderungen selbst fertige Pakete nicht verschifft werden dürfen. Wie sich die Zukunft gestalten wird, hängt primär von China und Vietnam ab, deren Nachfragezunahme oder – rückgang die Preisentwicklung stark beeinflusst.

Diskutiert wurde außerdem die Sichtweise der BLE, den Stellenwert einer FSC-Zertifizierung in der Ukraine in Bezug auf die EUTR herabzusetzen, das derzeit laufende Antidumpingverfahren über russisches Birkensperrholz sowie teils zum Zeitpunkt der Verladung geforderte Preisnachverhandlungen bei weißrussischem Birkensperrholz.

Wirtschaft wird vom Friedensstifter zur geostrategischen Waffe

Zum Abschluss der Online-Veranstaltung gab Dr. Josef Braml, Generalsekretär der deutschen Gruppe der Trilateralen Kommission und USA-Experte Einblicke in den US-Markt. Er ging sowohl auf die Herausforderungen Bidens in der Innenpolitik ein – und ließ damit die Erwartung eines umfassenden Infrastruktur-Konjunkturprogramms abflauen – als auch auf kommende Ansprüche an die EU. In einer Welt, in der sich die Globalisierung bald in einen USA- und einen China-zentrierten Teil auflösen dürfte und die gemeinsame Wirtschaft nicht mehr als Friedensstifter sondern vielmehr als geostrategische Waffe genutzt werden dürfte, sei es an Europa, sich nicht mehr nur als Wirtschaftsunion zu verstehen und stattdessen auch politisch Einigung zu erzielen.

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