FSC unter Beschuss

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arte/FSC/FadFSC/IHB
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Vertreter des Forest Stewardship Council (FSC) dürften in den vergangenen Tagen schlecht geschlafen haben. Grund ist ein Film, der bereits mehrfach auf dem Fernsehsender Arte lief und die Zertifizierungsorganisation, die ihr 25-jähriges Bestehen feiert, in keinem guten Licht dastehen lässt. „Kann ein Forstsiegel die Abholzung der Urwälder verhindern?“ lautet die Frage des Films, der die eindeutige Antwort liefert: Nein, kann es nicht.

Beispielhaft werden Fälle aus dem Kongo, Vietnam und Peru gezeigt, in denen FSC-zertifizierte Firmen einen Großteil ihrer Geschäfte mit nicht-zertifiziertem und möglicherweise illegalem Holz machen. Besonders im Kongo, aber auch in Brasilien, werden indigene Gruppen in FSC-Konzessionen regelrecht aus ihrem Land ausgesperrt, so die Filmemacher. Eine FSC-zertifizierte Eukalyptus-Plantage in Brasilien kommentiert ein Ökologieprofessor mit den Worten: „Früher fanden Umweltschützer nur Beton schlimmer als das hier.“

In Schweden und Russland prangert der Film großflächige Kahlschläge an, die in Russland bis zu 50 Fußballfelder groß werden können. Pikantes Detail: Laut einer wissenschaftlichen Studie gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen FSC-zertifizierten Flächen und solchen komplett ohne Zertifikat.

Steven Counsell, einer der FSC-Gründer, ist bald wieder ausgestiegen, weil ihm der FSC zu viele Geburtsfehler hatte, unter anderem den, dass die Holzindustrie, die man kontrollieren wollte, mit am Tisch sitzt. Er sagt, das FSC-Siegel stelle eine Verbrauchertäuschung dar, da es keineswegs eine Garantie für nachhaltige Forstwirtschaft darstelle. Der Film kommt zu dem Schluss, dass der Regenwald nur durch Gesetze wirksam zu schützen sei, nicht durch ein Siegel. Für den FSC-Vorsitzenden Kim Carstensen, laut den Filmemachern der einzige FSC-Vertreter, der bereit war vor die Kamera zu treten, würde das jedoch einen weitreichenden Tropenholzboykott nach sich ziehen, und das sei für die betroffenen Länder aufgrund der Entwertung des Waldes die schlechteste Lösung, so Carstensen.

In seiner Gegendarstellung erklärt FSC Deutschland, man werde den Vorwürfen indigener Gruppen nachgehen, bezweifelt aber deren Stichhaltigkeit. Hinsichtlich der globalen Entwaldung habe der FSC nie behauptet, diese allein stoppen zu können. Man habe aber die Grundlage für einen Dialog zwischen den Interessengruppen gelegt. Der Film thematisiert Holzschmuggel von Kambodscha nach Vietnam an FSC-zertifizierte Firmen. Auch dieser Darstellung spricht der FSC die Glaubwürdigkeit ab, ebenso wie der Darstellung einer Vermischung illegaler Hölzer mit FSC-zertifiziertem Holz in Peru. In dem geschilderten Fall einer Vertreibung von Dorfbewohnern durch eine Zellstofffirma in Brasilien will der FSC erst den Ausgang einer Klage der Bewohner gegen das Unternehmen abwarten, bevor er Konsequenzen zieht. Hinsichtlich zertifizierter Plantagen erklärt der FSC, durch Plantagenwirtschaft vermeide man die weitere Abholzung von Naturwäldern. Zudem werden nur Plantagen zertifiziert, die vor 1994 angelegt wurden. Kahlschläge in borealen Wäldern wie in Schweden und Russland seien eine unter Forstleuten und Umweltschützern weithin akzeptierte Praxis, so der FSC abschließend. Man sei sich der Kontroversität des Themas jedoch bewusst. Bei Bedarf werde man die Standards anpassen.

Weniger öffentlich macht in Deutschland die Arbeitsgruppe „Fragen an den FSC“ Front gegen die Organisation. Dabei geht es um die FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes. Ein Gutachten der Freiburger Firma Unique komme zu dem Ergebnis, dass die Zertifizierung keinen ökologischen Nutzen für den hessischen Staatswald habe. Darüber hinaus täusche das FSC-Zertifikat die Verbraucher, sei in Teilen gesetzeswidrig und gefährde den Arbeitsschutz der Waldarbeiter.

Die größte Schwachstelle des FSC liege in seiner regionalen Struktur, und den dadurch massiv voneinander abweichenden und sich widersprechenden Länderstandards. Zudem fehle die wissenschaftliche Basis, sagt der Sprecher der Arbeitsgruppe Gerriet Harms. Deshalb reiche das Zertifikat hinsichtlich sozialer, ökonomischer oder ökologischer Nachhaltigkeit, nicht an das in den deutschen gesetzlichen und verwaltungsrechtlichen Vorschriften verankerte forstwissenschaftliche und -praktische Niveau heran.

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